Forschungprojekte
Überblick
Ein fundamentales Prinzip von Zellen ist ihre Fähigkeit, funktionsfähige biologische Systeme an Veränderungen der Umgebung anzupassen. Dafür verfügen Zellen über Schutzmechanismen, die die Integrität und Funktionalität ihres Proteoms überwachen. Zelluläre Kontrollsysteme erkennen Fehlfunktionen oder Beschädigungen individueller Komponenten und lösen adaptive Stressantworten aus, um das Überleben sowohl auf zellulärer als auch auf Ebene des Gesamtorganismus durch das Arrangieren ihrer Reparatur, Entfernung und Austausch zu gewährleisten. Eine Fehlfunktion oder Deregulation dieser Proteinhomöostase wird für das Altern und verschiedene schwere Erkrankungen wie Krebs, Neurodegeneration und entzündliche Krankheiten verantwortlich gemacht. Wir möchten die Mechanismen verstehen, die die Proteinhomöostase in Zellorganellen kontrolliert.
Die Forschungen unserer Arbeitsgruppe fokussieren sich auf drei Hauptaspekte:
1.) Intramembranproteolyse – ein neuer regulatorischer Zweig des ERAD Abbauwegs
Ungefähr ein Drittel aller Säugerproteine wie beispielsweise wichtige zelluläre Oberflächenrezeptoren und Kanäle werden im Endoplasmatischen Retikulum (ER) synthetisiert. Der ER-assoziierte Abbauweg (ERAD) ist besonders wichtig, um zur Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase missgefaltete und beschädigte Proteine zu entfernen. Allerdings kann auch die Menge nativer Proteine über ERAD kontrolliert werden. Die ERAD Maschinerie umfasst verschiedene parallele Wege, die die Erkennung und Entfernung eines heterogenen Substratspektrums ermöglichen. Wir und andere konnten zeigen, dass Intramembranproteasen und deren katalytisch inaktive Homologe, sogenannte Pseudoproteasen, als zentrale ERAD Faktoren die Menge und Aktivität selektiver Membranproteine kontrollieren. In unserem Labor benutzen wir eine Kombination zellbiologischer, biochemischer und proteinchemischer Techniken, um die physiologischen Funktionen und molekularen Mechanismen ER-residenter Proteasen und Pseudoproteasen bei der Proteinhomöostase zu untersuchen.
2.) Molekulare Mechanismen der regulierten Proteinsekretion
Korrekt gefaltete Proteine werden vom ER abhängig von spezifischen Frachtrezeptoren mittels sogenannter COPII-umhüllter Vesikel zum Golgi-Apparat geschleust. Wir wollen klären, welche Mechanismen bei bestimmten Frachtproteinen die Nutzung welchen Weges bestimmen. Die Projektgruppe von Markus Plomann ist daran interessiert, wie Zellen ihr Sekretom in Folge von Stress kontrollieren. Normalerweise nehmen Proteine, die sekretiert oder in der Plasmamembran exprimiert werden sollen, einen Weg über den gut charakterisierten Golgi-Komplex zur finalen Reifung. In den letzten Jahren wurden verschiedene alternative Routen identifiziert, die konventionelle sekretorische Organellen komplett oder zum Teil umgehen. Um die zugrunde liegenden Mechanismen aufzuklären, untersuchen wir unter anderem den Wachstumsfaktor TGFβ1 als Modellprotein für unkonventionelle Sekretion. Kürzlich konnten wir so zeigen, wie Zellen ihr extrazelluläres Proteom verändern, um sich verschiedenen zellulären Stresssituationen anzupassen, was die biologische Bedeutung der unkonventionellen Sekretion verdeutlicht. Außerdem haben wir den beteiligten Signalweg identifiziert, der diesen Sekretionsweg reguliert und konnten so zeigen, wie physiologische Stress-Signaltransduktion und der Nährstoffgehalt eine zelluläre Stressantwort hervorrufen. Mit dieser Charakterisierung konnten wir die mechanistischen Zusammenhänge für die Zellbiologie der unkonventionellen Sekretion klären. Die Aktivität dieses Wachstumsfaktors ist für zahlreiche Prozesse während der Entwicklung essentiell und eine Fehlregulation seiner Aktivität führt zu Fibrose und Krebs.
3.) Regulation der mitochondrialen Proteinhomöostase
Mitochondrien sind hochdynamische Organellen, die für zahlreiche essentielle metabolische Prozesse benötigt werden. Mitochondriale Fehlfunktion zeigt gravierende zelluläre Effekte, die mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der Parkinson Erkrankung in Zusammenhang stehen. Verschiedene Mutationen in autosomal rezessiv vererbten Genen, die zu Morbus Parkinson führen, wurden beschrieben. Wir konnten nachweisen, dass die mitochondriale Rhomboid Protease PARL als ein zentraler Stellgröße in der durch die Serin/Threonin Kinase PINK1 regulierten Mitophagie fungiert. Seit kurzem interessieren wir uns für die Funktion und den Wirkmechanismus der Außenmembran Dislocase Msp1 in Hefe (ATAD1/Thorase beim Menschen). Überraschenderweise konnten wir nachweisen, dass Msp1 mit der ERAD E3 Ubiquitinligase Doa10 zusammenwirkt, um die korrekte Zielfindung C-terminal verankerter Proteine in der äußeren mitochondrialen Membran zu kontrollieren.